Differentialgeometrische Extraktion von 3D-Objektprimitiven aus terrestrischen Laserscannerdaten

Ralf Becker

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     Zusammenfassung

      Zur Bestandsdokumentation und Planung von baulichen Anlagen ist die Kenntnis der bestehenden Objektgeometrie von gro.er Bedeutung. Die Objektgeometrien werden in den digitalen Planungs- bzw. Dokumentationssystemen in den dort gebrauchlichen Modellen benotigt. Die Modelle in den Geoinformationssystemen basieren auf einer begrenzten Anzahl von geometrischen Primitiven. Durch sie werden Kanten, Oberflachen bzw. Volumenelemente des Realweltobjekts reprasentiert. Zur Massendatenerfassung bietet sich heute die terrestrische Laserscannervermessung an. Messbar sind die sichtbaren Teile, die Oberflachen der Realweltobjekte. Flachen lassen sich mathematisch lokal mit Hilfe der Differentialgeometrie beschreiben. In dieser Arbeit wird ein Ansatz zur automatisierten Extraktion von geometrischen Primitiven aus terrestrischen Scannerdaten, basierend auf den Methoden der diskreten Differentialgeometrie vorgestellt. Zur Parameterbestimmung werden die Methoden der Ausgleichungsrechnung benutzt. Moglichkeiten zur Kombination mit der photogrammetrischen Auswertung und zur Weiterverarbeitung der extrahierten Primitive unter Nutzung von CAD-Funktionalitaten werden vorgestellt. Die Praxistauglichkeit wird anhand eines umfangreichen Projekts gezeigt.

      1 Einfuhrung


      Fur die Planung von An- und/oder Einbauten an bzw. in bestehenden Gebauden oder Industrieanlagen, fur die Dokumentation baulicher Anlagen oder die Restaurierung von denkmalgeschutzten Anlagen ist die Kenntnis der bestehenden Objektgeometrie von gro.er Bedeutung. Die Nachfrage nach digital erfassten und gespeicherten Objekten aller Art in digitalen Modellen nimmt zu. Die bauliche Anlage, das Realweltobjekt, muss in ein Planungs- bzw. Dokumentationssystem uberfuhrt werden. Dies konnen heute Geoinformationssysteme sein. Die Darstellung in digitalen Dokumentationssystemen basiert auf einer begrenzten Anzahl modellierter Grundformen von Linien, Flachen und Korpern wie Geraden, Ebenen und Quadern, um nur die einfachsten Typen zu nennen. Durch sie werden Kanten, Oberflachen bzw. Volumenelemente des Realweltobjekts reprasentiert. Das entstehende Modell des Realweltobjekts muss in einer fur den Zweck ausreichenden Genauigkeit mit der realen Welt ubereinstimmen. Aus den gemessenen Rohdaten werden geometrische Primitive wie Punkte, Linien und Flachen extrahiert und zu einem Modell des Objekts zusammengefugt.
      Zur Rohdatenerfassung wurden im Laufe der Zeit Verfahren mit unterschiedlichen Eigenschaften entwickelt. Zur Massendatenerfassung bietet sich heute neben der bekannten photogrammetrischen Aufnahme die terrestrische Laserscannervermessung an. Sie ist in der Lage, gro.e Datenmengen in kurzer Zeit zu erfassen. Eine objektbezogene Attributierung der gemessenen Daten findet – bis auf Intensitats-, Grauwert- und Farbinformationen – wahrend der Aufnahme nicht statt. Die Uberfuhrung der Daten in ein Modell des Realweltobjekts ist noch mit viel manueller Auswertearbeit verbunden. Einige Ansatze zur Automatisierung der Auswertung von terrestrischen wie auch fur Airborne-Scannerdaten bestehen. Sie werden im Verlauf dieser Arbeit vorgestellt. Manche wurden fur spezielle Auswertezwecke wie Gebaudedacher oder Baumstamme entwickelt. Vielfach basieren sie ausschlie.lich auf Scannerdaten.
      In dieser Arbeit wird ein Verfahren zur Scannerdatenauswertung vorgestellt, das universell fur die Auswertung von Daten unterschiedlichster Realweltobjekte dienen soll. Das Verfahren wird deshalb nicht auf spezielle zu extrahierende Objekte, sondern allgemein auf einfache, haufig vorkommende Primitive bezogen. Die extrahierten Primitive bilden einen wesentlichen Teil einer semiautomatischen, benutzergefuhrten Auswertung zum Objektmodell. Dabei werden Vorteile, die durch eine gleichzeitige photogrammetrische Aufnahme des Objekts entstehen, genutzt.
      Bei der Scannervermessung werden Punkte der Objektoberflache dreidimensional erfasst. Die Punkte werden im Verlauf der Auswertung in unterschiedlichen Koordinatensystemen benotigt. Im Grundlagenkapitel 2 werden deshalb die verschiedenen Koordinatensysteme und deren gegenseitige Zuordnung vorgestellt. Grundlage der Modellierung ist die Form der Oberflache des zu modellierenden Objekts. Im zweiten Teil des Kapitels werden Kurven und Flachen im Raum mit den Mitteln der Differentialgeometrie beschrieben.
      Kapitel 3 fuhrt zunachst uber die verschiedenen existenten Aufnahmemethoden zur kombinierten Aufnahme durch den Laserscanner und die photogrammetrische Kamera. Im zweiten Teil des Kapitels wird in die Grundlagen der Darstellung von Objekten in geometrischen Modellen eingefuhrt. Ergebnis ist die Modellierung durch Linien-, Flachen- und/oder Volumenprimitive.
      Die Parametrisierung der in dieser Arbeit verwendeten Primitivtypen stellt der erste Teil des Kapitels 4 dar. Die Modellprimitive sollen die einer bestimmten Flache zugehorige Scannerpunktwolke bestmoglich approximieren. Im zweiten Teil des Kapitels wird hierfur die Schatzung der Primitivparameter mit dem Ausgleichungsverfahren im Gau.-Markoff-Modell allgemein und speziell fur die vorkommenden Primitivtypen beschrieben. Die Elimination von Ausrei.ern in Ausrei.ertests wird erlautert.
      Zentrales Element der Arbeit ist das Verfahren zur Extraktion von Flachenprimitiven aus einer Scannerpunktwolke. Sie wird im Kapitel 5 beschrieben, das mit einer Vorstellung der grundsatzlichen Vorgehensweise beginnt. Im zweiten Teil wird die allgemeine Darstellung der differentialgeometrischen Eigenschaften von Flachen auf die verwendeten Flachenprimitivtypen ubertragen. Im nachsten Abschnitt werden Verfahren zur lokalen Approximation der Oberflache vorgestellt und in Bezug auf den in dieser Arbeit verfolgten Zweck bewertet. Einen gro.en Raum nimmt anschlie.end die Vorstellung und Auswahl von Aggregationsverfahren fur die einer abgegrenzten Flache zugehorigen Punkte ein. Die zu modellierende Flache wird dann klassifiziert und parametrisiert. Das Verfahren zur Formalisierung der parametrisierten Flache wird erlautert. Bestandteil der Formalisierung ist eine Generalisierung zur Vereinfachung des Randpolygons.
      Kapitel 6 beschreibt die Extraktion von Ecken, Kanten und Profilen. Sie basiert auf den mit den Mit- teln des vorherigen Kapitels extrahierten Flachen.
      In Kapitel 7 wird die Implementation des Extraktionsverfahrens in das digitale photogrammetrische Auswertesystem PHIDIAS beschrieben. Kombinierte Auswertemoglichkeiten mit den photogrammetriebasierten Funktionen von PHIDIAS und CAD-Funktionen des Systems MicroStation werden aufgezeigt. Abschlie.end wird die Anwendungsreife anhand eines am Geodatischen Institut der RWTH Aachen durchgefuhrten Projektes gezeigt.
      Das abschlie.ende Kapitel 8 gibt eine Zusammenfassung der Arbeit und einen Ausblick auf weitere Entwicklungsmoglichkeiten.


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