Virtuelle Simulationsmodelle und ein Devirtualisierungsvorgang fur die Entwicklung der parallelen Simulatoren von komplexen dynamischen Systemen

V. Svjatnyj, O. Moldovanova, O. Smagin, M. Resch, R. Keller, R. Rabenseifner

Abstract

V. Svjatnyj, O. Moldovanova, O. Smagin Virtual Simulation Models and Devirtualisation Process for the Development of Parallel Simulators of Complex Dynamic Systems. This article deals with approaches for virtual parallel LPDS and DPDS simulation models and approaches for development of parallel simulators. The devirtualisation process is defined and is described with examples.

Einfuehrung

Eine Implementierung von mathematischen Modellen fur komplexe dynamische Systeme mit konzentrierten (DSKP) und mit verteilten (DSVP) Parametern auf modernen parallelen Rechnerarchitekturen gehort zu den aktuellen Forschungsproblemen der parallelen Simulationstechnik. Die Entwicklung von parallelen DSKP- und DSVP-Simulatoren fur verschiedene Anwendungsfelder stehen im Mittelpunkt einer engen Kooperation zwischen der DonNTU und dem HLRS auf dem Gebiet von verteilten parallelen Simulationsumgebungen [1].

In dem Beitrag werden Ansatze fur virtuelle parallele DSKP- und DSVP-Simulationsmodelle und zur Entwicklung von parallelen Simulatoren betrachtet. Insbesondere wird Devirtualisierungsvorgang definiert und anhand von Beispielen erlautert.

Die DSKP-, DSVP-Simulationsmodelle

Die formale DSKP- und DSVP-Modellierung in verschiedenen Anwendungsfeldern umfasst als wesentlichen Komponenten die Beschreibung der Topologie und des dynamischen Prozessverhaltens mit Hilfe von partiellen und gewohnlichen differential-algebraischen Gleichungssystemen. Die DSKP- und DSVP-Simulationsmodelle werden als ortlich diskretisiertes und zur numerischen Losung geeignet umgewandeltes Gleichungssystem definiert. Infolge der ortlichen Diskretisierung ensteht eine sekundare Topologie, die in der Modellumwandlung eine wichtige Rolle spielt und im Gleichungsgenerator berucksichtigt wird. Die DSKP- und DSVP-Modellierung ist ein Vorgang, der die Etappen der rechnergestutzten Erstellung von Modellen und Simulationsmodellen sowie ihre Implementierung umfasst. Diese Etappen werden fur die Topologien von verfahrenstechnischen Fliessbildern, automatisierungs-technischen Strukturen und dynamischen Netzobjekten in Abb.1 dargestellt. Dabei wird vorausgesetzt, dass dem Modellentwickler in dem jeweiligen Anwendungsfeld eine hochentwickelte Benutzeroberflache (BOF), ein Topologieanalysator sowie ein Gleichungsgeneratoren zur Verfugung stehen.

Die virtuelle parallele DSKP-, DSVP-Simulationsmodelle

Virtuelle parallele DSKP- und DSVP-Simulationsmodelle (VPSM) bilden eine Abstraktion, die aus dem vorverarbeiteten Gleichungssystem und der mit dem Parallelisierungsansatz erstellten Struktur von virtuellen MIMD-Prozessen besteht. Ein virtueller MIMD-Prozess ist ein weitgehend autonomes Programm, das dem Losungsalgorithmus des Gleichungsteilsysteme entspricht und uber eine Schnittstelle mit den benachbarten Prozessen kommuniziert. Die durch einen Kommunikationsgraphen dargestellte logische Verbindungen zwischen den virtuellen MIMD-Prozessen stellen ein virtuelles Verbindungsnetzwerk dar. Die minimale Kornigkeit der virtuellen Prozesse (VP) charakterisiert den Umfang der Prozess-Berechnungsarbeiten und die VP-Menge. Sie ist von der Dekomposition der Topologie und Modellgleichungen sowie der ortlichen DSVP-Approximation abhangig. Bei der Dekomposition und Approximation entstehen Teilsysteme, deren nicht zerlegbare Elementen diskretisiert werden. Deshalb wird vorgeschlagen, die minimale Kornigkeit der virtuellen Prozessen entsprechend der bei der Dekomposition und Diskretisierung hergeleitete Simulationsgleichungen zu definieren.

Die mit der minimalen VP-Kornigkeit verbundenen Ansatze zur DSKP- und DSVP-Parallelisierung fuhren auf die Parallelitatsebenen der virtuellen parallelen Simulationsmodelle.


Abb.1. Etappe der Erstellung von DSKP-, DSVP-Simulationsmodelle

Abb. 2 zeigt vier moglichen Parallelitatsebenen der dynamischen Netzobjekte (DNO) mit verteilten Parametern [1]. Nach der Auswahl der numerischen Verfahren werden die den Parallelisierungsansatzen und den Parallelitatsebenen zugeordneten virtuellen Simulationsmodelle und deren Blockdiagramme erstellt.


Abb. 2. Die VPSM-Parallelitatsebene fur DNO-Topologien
Devirtualisierung von virtuellen parallelen Simulationsmodellen

Die Zielrechnerarchitektur ist die dem Modellentwickler zur Verfugung stehende lose oder/und eng gekoppelte, nach MIMD-Prinzip funktionierte, beschrankte heterogene Menge der installierten vollfunktionellen Prozessoren mit lokalem oder/und gemeinsamem Speicher und verfugbarem vordefiniertem programmgesteuertem Verbindungsnetzwerk. Als paralleler Simulator fur das betrachtete komplexe dynamische System wird eine Hardware/Software-Systemorganisation definiert, die den Modellierungsvorgang und paralleles virtuelles Simulationsmodell auf Zielrechnerarchitektur sofwaretechnisch effizient realisiert und den Modellentwicklern sowie den Modellbenutzern eine benutzerfreundliche Kommunikation mit den Modellierungs- und Simulationsressourcen erlaubt. Die benotigte Devirtualisierung von virtuellen parallelen Simulationsmodellen betrifft deren Umwandlung im Hinblick auf die Simulatorrealisierung mit Hilfe der vorgegebenen Zielrechnerarchitektur.

Hierzu werden die einzelnen Entwicklungsetappen des Devirtualisierungsvorgang auf parallelen DSKP- und DSVP-Simulatoren vorgeschlagen. Ausgangspunkt der Entwicklung ist eine detaillierte Darstellung der parallelen virtuellen Simulationsmodelle und Parallelitatsebenen. Die weitere Schritte sind die Apriori-Analyse und eine Optimierung der Lastverteilung zwischen den virtuellen Prozessen unter Berucksichtigung der Datenaustauschoperationen im Vergleich zu dem Umfang der Rechenoperationen.

Dabei werden die zur Implementierung geeigneten optimierten virtuellen Simulationsmodelle ausgewahlt und deren Kommunikationsgraphen definiert. Ausserdem werden die Struktur und das Blockdiagramm der devirtualisierten parallelen Simulationsmodelle mit den Parametern die Simulation der jeweiligen DSKP- und DSVP-Systeme befullt. Schliesslich werden die Implementierung und das Debugging des parallelen DSKP- und DSVP-Simulators untersucht.

Ein Anwendungsbeispiel

Die obige virtuelle Simulationsmodelle und ihre Devirtualisierung werden anhand der Beispiele aus des Gegenstandsgebiets "Grubenbewetterungssysteme" betrachtet. Abb. 3 illustriert die Dekomposition und Ortsdiskretisierung des Grubenbewetterungssystems.


Abb.3. Dekomposition und Ortsdiskretisierung des Grubenbewetterungssystems

Die nach der Dekomposition erhaltene DNO-Komponenten haben folgende Eigenschaften, die wir fur die weitere Parallelisierung in den Betracht nehmen sollen:

Die luft- und gasdynamische Vorgange in den Ventilationsabbauten und Ventilationsstrecken, in den Strebe, Forderstrecken und Luftzufuhrabbauten werden durch eindimensionale Modelle (partielle Differentialgleichungen) beschrieben. Die Ortsdiskretisierung nach Linienverfahren fuhrt zur sekundaren DNO-Topologien mit den Graphkanten, die jeweils aus Mi Elementen bestehen (i = 1,2,..., m). Jede Kante wird mit einem System der 2Mi gewohnlichen Differenzialgleichungen (Differenzgleichungen bezuglich der Ortskoordinate) beschrieben. Um die minimale Kornigkeit der virtuellen Prozessen zu definieren, wurden die Gleichungssysteme aller in Abb. 3 dargestellten DNO-Komponenten analysiert und zur Betrachtungen folgende Prozesse eingefuurt:

  1. Q-Prozess dient fur die numerische Losung der Bewegungsgleichung des Elementes von diskretisierten DNO-Komponenten. Entsprechend der Bergbaubedingungen sind die 4 Varianten des Q-Prozesses zu unterscheiden: Q-Pro1 - die luftverlustlose Abbauten; Q-Pro2 - die Luftzufuhrstrecke mit den Luftverluste; Q-Pro3 - die Ventilationsstrecke mit den Luftzunahmen g1, g2 ; Q-Pro4 - die Luftstrome in den Filtrationswege der Alten Manner (AM). Es gibt eine Moglichkeit diese Prozesse-Gleichungen zu generieren.
  2. P-Prozess dient fur die numerische Losung der Kontinuitatsgleichung des Elementes von diskretisierten DNO-Komponenten. Es sind auch die 4 Varianten des P-Prozesses fur die obigen Bergbaubedingungen zu unterscheiden: P-Pro1, P-Pro2, P-Pro3, P-Pro4. Diese Prozesse sind auch generierbar.
  3. PU-Prozess dient fur die numerische Losung der Kontinuitatsgleichung in den DNO-Knoten mit den inzidenten End- und Anfangselementen von diskretisierten DNO-Kanten. PU-Prozess-Gleichungen werden vom DNOVP-Gleichungsgenerator generiert [1]
  4. H-Prozess berechnet Druck des Ventilators abhangig von entsprechenden Luftstrom
  5. HN-Prozess simuliert den HN-Regler, der die H-Charakteristik abhangig von Drehzahl des Ventilatormotors im Arbeitsgebiet verschiebt
  6. Q-Reg1-Prozess simuliert den Q-Regler vom Qsoll -Eingang bis zum Ausgang des Motors.
  7. Q-Reg2-Prozess simuliert den Q-Regler vom Antriebseingang bis zum Ausgang RR(t) des Reglers.
  8. Cik-Prozess dient fur die Berechnung der Methankonzentration im k-Element der diskretisierten Strecken, Strebe und Luftausfuhrwege. Die Prozesse-Gleichungen sind als Cauchy-Aufgaben dargestellt und haben einige Unterschiede in den Rechten Seiten.
  9. CG-Prozess dient fur die Berechnung der Randbediengung fur i-Strecke bzw. Abbauten (G - Grenze).
  10. QMk-Prozess dient fur die Berechnung der Methanstrome in den k-AM-Elementen.
  11. Cfk-Prozess berechnet die Methankonzentration in den Filtrationstrome der k-AM-Elemente.

Nach der Dekomposition und Ortsdiskretisierung des Bewetterungsnetzes mit m = 117 Kanten und n = 61 Knoten [1] geben diese Arten von Prozessen insgesamt mehr als 100000 Gleichungen, die das virtuelle parallele minimalkornige Simulationsmodell auf erster Parallelitatsebene (Abb. 2) presentieren. Diese Gleichungen werden nach den Angaben des Topologieanalysators mit dem Gleichungsgenerator automatisch erstellt. Im Rahmen der problemorientierten parallelen Simulationsumgebung [1] wird den oben vorgeschlagenen Devirtualisierungsvorgang untersucht. In Betracht nehmen wir die folgende Zielrechnerarchitekture [2]: eng gekoppelte MIMD-Systeme mit dem gemeinsamen Adressraum und OpenMP-Standard der parallelen Programmierung; lose gekoppelte MIMD-Systeme mit verteiltem Adressraum und MPI-Standard des Nachrichtenaustausches; kombinierte parallele Rechnersysteme mit dem hybriden parallelen Programmiermodell [3]. Die Gleichungslosern des parallelen Simulators werden aufgrund der parallelisierten konventionellen sowie blockartigen numerischen Verfahren entwickelt [1].

Zusammenfassung und Ausblick

Die vorgestellten Ergebnisse liefern einen Beitrag fur rechnergestutzte Erstellung von Modellen, Simulationsmodellen und Simulatoren der dynamischen Systeme mit konzentrierten und verteilten Parametern, fur die simulationstechnisch effiziente Nutzung der parallelen Ressourcen sowie fur die Erhohung der Benutzerfreundlichkeit von parallelen Simulationsumgebungen. Die vorgeschlagene virtuelle parallele Simulationsmodelle und Devirtualisierungsvorgange werden in der Zusammenarbeit mit dem Hochstleistungsrechenzentrum Stuttgart (HLRS) implementiert und untersucht.

Literatur
  1. Svjatnyj V.A., Moldovanova O.V., Feldmann L.P.: Parallele Simulationsumgebung fur dynamische Netzobjekte mit verteilten Parametern. In: F.Hulsemann u.a. (Hrsg.), Tagungsband 18. ASIM-Symposium Simulationstechnik, Erlangen 2005, SCS 2005, 416-421.
  2. Rabenseifner, R.: Parallel Programming Models on Hybrid Systems. In: Parallel Programming Workshop, HLRS, 2005.
  3. Berger, H.: NEC SX-8 at HLRS. In: Parallel Programming Workshop, Interner Bericht Nr.5, HLRS, 2006.