Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Piezoelektrizit%C3%A4t
Der Piezoeffekt kann nur in nichtleitenden
Materialien auftreten. Weiterhin sind alle nichtleitenden ferroelektrischen
Materialien bzw. Materialien mit permanentem elektrischen
Dipol auch piezoelektrisch, beispielsweise Bariumtitanat
und Blei-Zirkonat-Titanat (PZT). Jedoch verhalt sich
nur ein Teil der Piezoelektrika ferroelektrisch.
Bei Kristallen ist die Kristallsymmetrie ein weiteres Kriterium fur das Auftreten der Piezoelektrizitat.
Die piezoelektrische Polarisation tritt nicht auf, wenn der Kristall ein
Inversionszentrum besitzt. Bei allen 21 nicht-zentrosymmetrischen
Punktgruppen kann Piezoelektrizitat auftreten, mit
Ausnahme der kubischen Punktgruppe 432. Anders gesagt darf eine Elementarzelle
kein Symmetriezentrum (= ein Punkt, an dem eine Punktspiegelung den Kristall in
sich selbst uberfuhrt) besitzen. Das bekannteste
Material mit Piezoeigenschaften ist Quarz (SiO2). Quarzkristalle besitzen die nicht-zentrosymmetrische Punktgruppe 32. Jedes Si-Atom
sitzt in der Mitte eines Tetraeders aus vier Sauerstoffatomen. Eine in Richtung
Grundflache-Spitze (Kristallografische
Richtung: [111]) wirkende Kraft verformt nun diese Tetraeder derart, dass die zusammengedruckten Tetraeder elektrisch polarisiert sind
und so auf den Oberflachen des Kristalls (in [111]-Richtung) eine Nettospannung
auftritt. Technisch genutzte Materialien, die einen starkeren
Piezo-Effekt als Quarz zeigen, leiten sich oft von der Perowskit-Struktur
ab, z. B.: Bariumtitanat (BaTiO3). Die kubische Perowskit-Modifikation selbst besitzt die zentrosymmetrische Punktgruppe m3m und ist somit nicht-piezoelektrisch,
das Material kann aber unterhalb einer kritischen Temperatur - die
piezoelektrische Curie-Temperatur TC - in eine nicht-zentrosymmetrische
Perowskit-Struktur ubergehen
(rhomboedrisch/tetragonal, siehe Blei-Zirkonat-Titanat).
Es zeigt dann eine spontane Polarisation und besitzt ferroelektrische
Eigenschaften.
Der Stoffverbund der PZT-Keramiken
(Pb, O, Ti/Zr) kristallisiert in der Perowskit-Kristallstruktur;
unterhalb der piezoelektrischen Curietemperatur bildet sich durch Verzerrungen
der idealen Perowskit-Struktur ein Dipolmoment aus.
Bei keramischen Piezoelementen sind die internen Dipole nach dem Sinterprozess
noch ungeordnet, weshalb sich keine piezoelektrischen Eigenschaften zeigen. Die
Weissschen Bezirke oder Domanen besitzen eine
willkurliche raumliche Orientierung und gleichen sich gegenseitig aus. Eine
deutlich messbare piezoelektrische Eigenschaft lasst sich erst durch ein
auseres elektrisches Gleichfeld aufpragen, wahrend das Material bis knapp unter
die Curie-Temperatur erwarmt und wieder abgekuhlt wird. Die eingepragte
Orientierung bleibt danach zum grosen Teil erhalten (remanente Polarisation)
und wird als Polarisationsrichtung bezeichnet.
Als aktive Sensormaterialien werden zunehmend
auch piezoelektrische Dunnschichten eingesetzt. Mit Hilfe von
Halbleitertechnologien ist es moglich, diese aktiven piezoelektrischen
Dunnschichten auf Silizium abzuscheiden. Hierbei handelt es sich meist um
Zinkoxid (ZnO) oder Aluminiumnitrid (AlN). Der Kunststoff Polyvinylidenfluorid (PVDF) lasst sich
– ahnlich wie piezoelektrische Keramiken – polarisieren und ist dann
piezoelektrisch. Anwendungen hierfur sind z. B. Hydrophone.
Das Drehen der Weissschen Bezirke durch die
Polarisation fuhrt zu einer leichten Verzerrung des Materials sowie einer makroskopischen Langenzunahme in Polarisationsrichtung.
Zeichnung 1- Einpragen einer Polarisationsrichtung durch Ausrichtung der
Dipole in einem elektrischen Feld
Generell lassen sich die Anwendungen in drei
Bereiche aufteilen:
Das Auftreten der piezoelektrischen Ladung bei
mechanischer Verformung wird bei Kraft-, Druck- und Beschleunigungssensoren
genutzt. Die dabei entstehende Ladung kann mit einem Ladungsverstarker
in eine elektrische Spannung mit niedriger Quellimpedanz umgewandelt werden.
Bei der anderen Moglichkeit, mit dieser Ladung einen
Kondensator aufzuladen und dessen Spannung mit einem moglichst
hochohmigen Voltmeter zu messen, konnen mangelhafte
Isolationswiderstande beispielsweise durch Feuchtigkeit das Ergebnis stark verfalschen und die Registrierung langsamer Verformungen verhindern.
Zeichnung 2 - Piezoelement zur
Wandlung von mechanischem Druck in elektrische Spannung.
Piezoaktoren
konnen nach zwei unterschiedlichen Kriterien
unterschieden werden: nach Betriebsweise (quasistatischer oder Resonanzbetrieb)
oder nach der Richtung des genutzten Effekts. Da Quer- und Langseffekt
gleichzeitig auftreten, wird nach dem genutzten Effekt unterschieden.
Aus der Unterscheidung Transversaleffekt
(Quereffekt) und Longitudinaleffekt (Langseffekt)
ergeben sich drei verschiedene Grundelemente fur
piezoelektrische Aktoren: der Dickenschwinger, das
Querdehnelement und als besondere Bauform der Biegeschwinger (Bimorph). Dieser ist eine Kombination aus zwei
Querdehnelementen. Eine entgegengesetzte Ansteuerung
der Elemente bewirkt hier eine Verbiegung des Aktors,
weshalb er eine eigenstandige Bezeichnung erhalt.
Zeichnung 3 - Piezoaktorische Grundelemente
Uber den Quer- und Langseffekt hinaus kann der Piezo durch Anlegen des elektrischen Feldes senkrecht zur
Polarisationsrichtung auch eine Scherung erfahren. Dieser Effekt wird jedoch
meist nur in akustischen Wandlern und Beschleunigungssensoren genutzt.
Piezo-Lautsprecher In die Kategorie quasistatischer Betrieb fallen auch Aktoren, die im kHz-Bereich betrieben werden, solange der
Resonanzfall nicht eintritt. Die hohe Genauigkeit und die grose Dynamik
pradestinieren den Piezoaktor auch fur
Positionieraufgaben und zur aktiven Schwingungsdampfung. Durch den Einsatz
gestapelter Piezoelemente oder durch Hebel lassen sich die relativ kurzen
Stellwege von ?l/l
= 10?3 verlangern. Begrenzend auf die Stellwege wirken die Spannungsfestigkeit
des Materials, die hohen Betriebsspannungen und die in eine Sattigung laufende
Kennlinie des Materials. Typische Langenanderungen liegen bei
Niedervoltelementen bei 0,1 µm, bei Hochvoltelementen bei ca. 1 µm. Sollen
gro?ere Stellwege bewaltigt werden, bietet sich der Resonanzbetrieb an. Im
Resonanzbetrieb wird der Rotor des Motors vom Piezo
durch eine Wanderwelle angetrieben. Zusatzlich wird die Massentragheit des
Rotors genutzt, um eine kontinuierliche Bewegung zu erzeugen. Damit lassen sich
auch gro?ere Stellwege bewaltigen, wie z. B. in einem Objektiv (Optik). Als
Beispiele fur die quasistatische Anwendung von Piezoaktoren
seien genannt: Braillezeilen fur Blinde, bei denen
durch Anlegen einer Spannung fur den Blinden tastbare Stifte hochgedruckt werden, womit am PC der Monitortext in
tastbare Blindenschriftzeichen umgesetzt wird. Klassische Beispiele fur diese
Betriebsform durften Tintendrucker (engl. Drop-on-Demand,
z. B. von Epson) und Piezolautsprecher sein, bei denen die Schallwellen durch
eine tonfrequente Wechselspannung erzeugt werden.
Auch Dieseleinspritzsysteme arbeiten mit piezoelektrischen Aktoren
(keramische Vielschichtbauteile mit Edelmetallinnenelektroden) und haben die Common-Rail-Technik verbessert. Dabei wird die Einspritzung
von Diesel uber Ventile teilweise ersetzt. Seit 2005 werden auch beim
Pumpe-Duse-System Piezoaktoren eingesetzt.
Industrieunternehmen, die derartige Piezoaktoren in
grosen Stuckzahlen fertigen, sind die Firmen Epcos
und Bosch.
Der Effekt findet Verwendung in: