Verschwelung, Verkokung
Unter Schwelen versteht man die Pyrolyse fester, bituminoser
Substanzen bei Temperaturen zwischen 500 und 600 oC. Dabei werden feste bitumenfreie
Ruckstande sowie flussige und gasformige Kohlenwasserstoffe erzeugt. Im Hinblick auf die
hohen Stoffausbeuten bei Pechen und Olen eignen sich vor allem Braunkohlen in loser oder
brikettierter Form als Rohstoffe fur Schwelverfahren.
Im Gegensatz zur Schwelung, die auch kontinuierlich durchgefuhrt
werden kann, erfolgt die Verkokung derzeit ausschlieslich in diskontinuierlich betriebenen
Kammerofen. Ausgangsmaterial ist eine besondere Sorte Steinkohle (Kokskohle).
Das Koksbildungsvermogen der Kokskohle ist von der Erweichungs- und
Wiederverfestigungstemperatur sowie vom Blahverhalten abhangig. Als Kokskohlen eignen
sich besonders Steinkohlen mit fluchtigen Bestandteilen zwischen 15 und 30 Masseprozent.
Die Verkokung erfolgt als Hochtemperaturprozes
in Regenerativverbundofen bei Temperaturen zwischen 1000 und 1400 0C. Die Garungsdauer
hangt von den Betriebs-bedingungen des Ofens ab und betragt 15 bis 25 Stunden.
Hauptprodukt der Verkokung ist der fur die Roheisenherstellung benotigte metallurgische
Koks (Huttenkoks), der sich durch gute Stuckigkeit und hohe Abriebfestigkeit auszeichnet.
Zusatzlich fallen Kokereinebenprodukte an (Kokereigas, Kohlewertstoffe). Ein Koksofen
besteht in der Regel aus 5 bis 8 m hohen, 12 bis 17 m langen und 0,4 bis 0,5 m breiten
feuerfest ausgemauerten und luftdicht verschliesbaren Kammern, in denen jeweils 20 bis
50 t Kohle durch Ausenbeheizung und unter Luftabschlus erhitzt werden (Verkokung). 20 bis
50 derartige Kammern konnen zu einer Ofenbatterie vereinigt sein. Aus einer Tonne
Trockenkohle erhalt man 750 bis 780 kg Koks und 300 bis 400 m3 Kokereigas.
Im Anschlus an den Verkokungsvorgang wird der gluhende Koks
schockartig abgekuhlt (Koksloschen). Das Loschen erfolgt in der Regel durch gezielte
Wasserzugabe uber Loschturme. Wahrend einer Loschzeit von 60 bis 100 Sekunden werden
1 bis 1,5 m3 Wasser pro Tonne Koks aufgegeben; davon verdampft etwa die Halfte.
Das verbleibende Wasser wird nach Zwischenreinigung erneut im Loschvorgang eingesetzt.
Der letzte Stand der Entwicklung arbeitet bei der Koksloschung im Trockenverfahren mit
Inertgas, welches im Kreislauf gefuhrt wird und dessen thermische Energie zu
Energieerzeugungszwecken eingesetzt wird.
Das bei der Verkokung entstehende Gas wird energetisch genutzt;
es ist ein Starkgas mit einem Brennwert von mehr als 20.000 kJ/m3. Seine Hauptbestandteile
sind Wasserstoff (60%), Methan (25%), Kohlenstoffmonoxid (5%), Kohlenstoffdioxid (2%),
Stickstoff (2%) und hohere Kohlenwasserstoffe (3%). Vor der thermischen Nutzung mussen
die Begleitstoffe (Kohlewertstoffe wie Rohteer, Phenole, Ammoniak, Kohle-Leichtol u.a.)
entfernt werden. Dies erfolgt grosteils bei der Kuhlung des Gases nach dem Austritt aus
dem Ofen uber das Gaskondensat (Gaswasser). Die Restgehalte werden anschliesend uber
Ammoniak-, Schwefelwasserstoff- und Benzolwascher entfernt. Die Waschflussigkeiten in
diesen Waschern werden im Kreislauf gefuhrt. Uberschussiges Abflutwasser aus den
Ammoniak-Schwefelwasserstoff-Waschern wird uber die Gaswasserbehandlung gefuhrt.
Aus den Gaskondensaten (Gaswasser) werden zunachst uber
mechanische Abscheidung und Flotation suspendierte Feststoffe und emulgierte Teere
und Ole entfernt (Teerabscheider). Daran anschliesend erfolgt eine Entphenolung. Diese
wird als Extraktion mittels Kokereibenzol, Butylacetat oder Diisopropylether oder als
Adsorption mittels Aktivkohle oder Koks betrieben; die flussigen Extraktionsmittel konnen
recycliert werden, beladene Aktivkohle oder Koks wird verbrannt. Als nachster Schritt
der Kondensatbehandlung werden die fluchtigen Bestandteile Ammoniak, Schwefelwasserstoff
und Cyanwasserstoffsaure mittels Dampfstrippung entfernt. Die ausgetriebenen Stoffe konnen
zur Schwefelsaureherstellung oder Dungemittelherstellung (Ammoniumsulfat) eingesetzt
werden.
Abwasser entsteht bei der Verkokung von Steinkohle aus dem
Wassergehalt des Rohstoffes, aus Reaktionswasser bei der teilweisen Oxidation des im
Rohstoff enthaltenen Wasserstoffes, aus Gaskondensaten und als uberschussiges Waschwasser
aus der nassen Kokereigas- und Abluftreinigung. Das Koksloschwasser wird im geschlossenen
Kreislauf gefuhrt und gelangt nicht zur Ableitung.